Die Monatsübersicht für Dezember 2019 bringt uns fast ausschließlich Fortsetzungen beliebter BL-Reihen – lediglich Carlsen, Egmont und Kazé gehen noch mit je einem zusätzlichen One Shot ins Rennen. Mir persönlich kommt das entgegen, schließlich lädt der Weihnachtsurlaub bestimmt den Einen oder Anderen dazu ein, die Lieblingsreihe noch einmal von Beginn an zu lesen, inklusive des neu erschienenen Bands (der vielleicht unter dem Weihnachtsbaum liegen wird). In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß beim Erstellen des Wunschzettels!

Egmont Manga

„It Smells Like Lust“ von Banana Nangoku / One Shot

Weitere Infos zu dieser neuen 18+-Lizenz findet ihr auf der Website von Egmont Manga.

Klappentext

Der Student Nemu Yasuragi ist immer allein. Sein besonderer Körpergeruch bringt andere Menschen zum Einschlafen, weswegen er nie Freundschaften schließen konnte. Doch eines Tages entdeckt Nemu, dass sein Kommilitone Fumio Koumori weder Hunger, Schlaf, noch einen Sexualtrieb kennt. Deswegen ist er auch nie durch Nemus Geruch eingeschlafen. Stattdessen legt sich bei ihm ein Schalter um, sobald er Nemu riecht und er bekommt eine Erektion! Wohin wird sie die entfesselte Lust wohl führen?!

Meine Einschätzung

Egmont hat in das 2019er-Programm einige Smut-Titel für seine erwachsenen Leser aufgenommen, weshalb wohl auch diese 18+-Lizenz vor allem Eines enthalten wird: sehr viel Sex! Ich meine, man braucht eigentlich nur einen Blick auf den Titel und das Cover zu werfen, um Schweißausbrüche zu bekommen. Ich hoffe trotzdem, dass die Story auch inhaltlich ein paar nette Ideen mit sich bringt, denn kaum Hunger und wenig Schlafbedürfnis – ein wenig beneide ich Koumori!

Banana Nangoku entwirft oft Geschichten, in denen einer der Protagonisten mit besonderen körperlichen Fähigkeiten ausgestattet ist. Im Gegensatz zum klassischen Superhelden handelt es sich dabei jedoch eher um ‚Talente‘, die weniger nützlich und häufig einfach nur merkwürdig sind und zur sozialen Ausgrenzung der jeweiligen Figur führen. Ein nicht ganz unspannender Ansatz. Primär allerdings sicherlich wieder einer der Titel, die alle unter uns begeistern dürften, die kuriose Storys mit viel Erotik favorisieren. Der Zeichenstil wirkt weich und feminin, wobei es stark danach aussieht, als ob uns dieser Band mit den typisch überdimensionierten BL-Händen beglücken wird. Aber gut – sicherlich gibt es im Manga viel, was mit diesen angefasst werden möchte…

„Jealousy“ von Scarlet Beriko / Band 3

Die BL-Reihe, die im Yakuza-Milieu spielt, hat es mir schwer angetan! Alle drei Bände könnt ihr direkt über Egmont Manga beziehen.

Klappentext

Rogi ist seit drei Jahren bei den Yakuza und kommt ganz gut über die Runden. Eines Tages wirft sich ein junger Mann vor seinen Wagen, um Schmerzensgeld zu kassieren. Als Yakuza kennt Rogi natürlich keine Gnade und schleppt den Betrüger mit nach Hause, um ihn dort angemessen zu bestrafen. Doch als seine Tochter Gefallen an dem Jungen findet, lässt Rogi ihn bei sich wohnen…

Mein Leseeindruck

Ich bin begeisterte Scarlet-Beriko-Leserin der ersten Stunde und war extrem erfreut, als ich erfahren habe, dass Egmont mit Jealousy ihre erste Reihe nach Deutschland holt. In Hinblick auf die Komplexität der Figuren und Handlung kann die Mangaka nicht ganz mit You Koneda und ihrer Ausnahmereihe Saezuru tori wa habatakanai mithalten, aber ich habe ein Faible für Hauptcharaktere, die am Rande der Gesellschaft stehen oder ‚Abtrünnige‘ sind, weshalb ich die Lektüre von Jealousy sehr genieße. Der Zeichenstil der Mangaka ist sowieso über jeden Zweifel erhaben und wer bereits wenigstens eines ihrer anderen Werke kennt, wird wissen, dass ihre Manga neben dem Artwork durch die intensiven und mitreißend umgesetzten erotischen Szenen bestechen. Was mir an dieser Reihe jedoch besoners gefällt, ist die gefährliche und von unstillbarem Verlangen geprägte Dynamik, die sich zwischen den beiden Protagonisten Rogi und Akitora entwickelt. Denn eigentlich – obwohl die Inhaltsangabe dies suggeriert – geht es im Manga (bisher) nicht um Rogie und den jungen Mann, den er bei sich aufnimmt, sondern um Rogis Vergangenheit, seinen Weg in die Yakuza und seine damalige große Liebe – Akitora.

Die Art und Weise, auf die die Mangaka die beiden Hauptfiguren darstellt, ist atemberaubend. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Uke so gefährliche und gleichzeitig ’nuttige‘ Schwingungen aussendet, wie der junge Rogi es tut. Er sieht so feminin und sexy aus, aber auch beängstigend zugleich – wie ein schönes, verlockendes Feuer, eine Femme fatale, die einen zu Asche verbrennt, wenn man sie berührt. Und daneben Akitora! Er ist der maskuline, attraktive und nicht weniger gefährliche Gegenpart zu Rogi. In Jealousy finden zwei Abseits jeder Moral stehende, unberechenbare Figuren zueinander, die bereits im zweiten Band drohen, am Feuer des jeweils anderen zu verglühen. Die vielen unheilvollen Andeutungen, die die Mangaka in Hinblick auf die Beziehung zwischen Rogi und Akitora einstreut, werden auf jeden Fall dazu führen, dass ich am Veröffentlichungstag auf direktem Weg in die Buchhandlung stürmen werde, einfach, weil ich es nicht erwarten kann, die Reihe mit dem dritten Band weiterzulesen. Übrigens finden sich auch einige härtere Gewaltszenen im Manga wieder, die allerdings durch den Humor der Mangaka und die ironische Art des jungen Rogi etwas abgemildert werden. Trotzdem keine seichte BL-Kost und an einigen Stellen sehr viel brutaler, als der Manga auf den ersten Blick wirkt.

Carlsen Manga

„Der Mann meines Bruders“ von Gengoroh Tagame / Band 4 (Abschlussband)

Mit dem vierten Band endet nun diese tolle Reihe bei Carlsen Manga.

Klappentext

Es heißt Abschied nehmen von Onkel Mike für Yaichi und Kana, die alle zusammen über den Tod von Yaichis Bruder zueinander gefunden haben. Denn: »Familie ist wichtig und nur darauf kommt es an!«, wie die kleine Kana ganz richtig bemerkt hat, als der fremde Mike ihr vorgestellt wurde und sie bemerkt hat, dass er so ganz anders ist, als alle anderen in ihrem Umfeld.

Der von Kritikern hochgelobte Manga über familiäre Liebe und sexuelle Akzeptanz findet mit Band 4 seinen Abschluss!

Mein Leseeindruck

Ich habe den Abschlussband noch nicht gelesen, aber der wirklich tolle Auftakt der Reihe, den ich bereits hier rezensiert habe, wird sich ohne Zweifel auch in Band vier fortsetzen. Für diejenigen unter euch, die noch nicht wissen, was sich hinter dem Titel verbirgt: Der Mann meines Bruders ist kein klassischer BL-Manga, sondern ein Comic, der sich an ein jüngeres Lesepublikum richtet und mit dem Thema Homosexualität auf einer sachlichen Ebene beschäftigt, ohne erotische Handlungen darzustellen. Ich würde ihn als pädagogisch sehr wertvolles Aufklärungswerk betrachten, das aber auch für erwachsene Leser durchaus den ein oder anderen tiefer reichenden Ansatz bereit hält, wenn man bereit dazu ist, sich auf ein eher schlichtes und einfaches Artwork einzulassen.

Die visuelle Gestaltung der Figuren entspricht der in Bara-Manga üblichen Form: Eine sehr maskuline Darstellung von großen, kräftigen und durchaus auch einmal behaarten Männern. Das ist vielleicht erst einmal befremdlich und nicht unbedingt das, was wir aus den sehr idealisierten und ästhetisierten konventionellen BL-Manga gewohnt sind, in denen sich durchgehend hübsche und androgyne Bishōnen tummeln, aber einfach dem Umstand geschuldet, dass es sich beim Mangaka um einen Mann handelt und sich die Reihe eben nicht ausschließlich an ein jugendliches weibliches Publikum richtet. Ich finde den gewählten Zeichenstil dem ernsten Thema angemessen, das sicherlich ein etwas ’seriöseres‘ und weniger verspieltes Artwork verlangt.

„Liquor & Cigarette“ von Ranmaru Zariya / One Shot

Die neue Zariya-Lizenz von Carlsen Manga ist inhaltlich genau so heiter und bunt wie die Farben des Covers versprechen.

Klappentext

In einem verschlafenen Städtchen sind Tabakhändler Camilo und Teo, der ortsansässige Spirituosenhändler, seit langem gute Bekannte – und so verwundert es niemanden, als Teo zur Vorbereitungen der Feierlichkeiten und Traditionen rund um das alljährliche Weinfest mit Camilo zusammen das Training einläutet. Denn als Spirituosenhändler muss er dem obligatorischen Alkoholkonsum der Erntetage gewachsen sein… und den Trinkwettbewerb gilt es schließlich auch zu gewinnen! Und so gehen die beiden Kindheitsfreunde regelmäßig einen heben, um die Leber zu trainieren. Sirrende Hitze und der Geschmack von Starkgebranntem tun ihr übriges in diesem Boys-Love-Manga und bringen die beiden Männer einander immer näher!

Mein Leseeindruck

Über Coyote habe ich bereits eine begeisterte Review verfasst, aber jetzt erfreut uns Carlsen mit einer weiteren Lizenz von Ranmaru Zariya, in der die Mangaka vom gewöhnlich eher düsteren und melancholischen Grundton ihrer Werke Abstand nimmt. Liquor & Cigarette ist ein heiterer Manga mit etwas Dramatik und viel Erotik, der mit seinen fantastischen Zeichnungen als kurzweilige Lektüre überzeugt. Der One Shot ist das passende Werk gegen trübes Dezemberwetter, denn neben einem weiteren langhaarigen und sehr attraktiven Seme finden wir uns in flirrender Sommerhitze und italienischem Flair wieder, das die Hormone bei Theo und Camilo ganz schön zum Brodeln bringt. Die Inhaltsangabe zum Manga ist übrigens eine der wenigen, die endlich einmal tatsächlich den Nagel auf den Kopf trifft und die Story adäquat zusammenfasst.

Ein wenig anfreunden muss man sich zunächst mit dem eher kindlich wirkenden Uke, aber wer die anderen Manga der Zeichnerin kennt, der wird wissen, dass es fast immer ein leichtes Altersgefälle zwischen dem Hauptpairing gibt – mal ein paar Jahre mehr, mal ein paar Jahre weniger. Vor allem optisch spiegelt sich dies in den Figuren wieder. Theos unbeholfene Art trägt einen weiteren Teil dazu bei, dass man ihn hin und wieder nicht ganz für voll nimmt, aber dafür werden wir mit vielen wirklich sehr niedlichen und romantischen Szenen und einem zuckrigen Gefühl belohnt, das eigentlich so ganz untypisch für ein Werk dieser Mangaka ist. Wem Coyote zu schwermütig war, der kann bei Liquor & Cigarette auf jeden Fall ohne Bedenken zugreifen und sich mitten in eine heiße italienisch Romanze hineinversetzt fühlen.

„Requiem of the Rose King“ von Aya Kanno / Bände 7 und 8

Ein Ende dieser Beinahe-BL-Reihe ist noch nicht in Sicht. Band zehn ist von Carlsen Manga für den 30. Juni 2020 angekündigt.

Klappentext

Der Kampf um die Krone ist Segen und Fluch zugleich für Richard, den dritten Sohn des Hauses York, der glaubt, dass ein Fluch ihn verfolgt und seinen Lieben Unheil bringt! Aber ist es wirklich ein Zauber, der sein Schicksal vergiftet? Oder sind es die Intrigen, die die Kämpfe um die Königskrone in England beherrschen…?!

In ihrem düsteren Werk lässt sich Autorin Aya Kanno von den historischen Ereignissen und Shakespeares Erzählungen um den späteren König, Richard III., inspirieren. Und zeigt ihn als Jüngling, der zwischen Gut und Böse steht und verzweifelt nach etwas Höherem sucht…

Mein Leseeindruck

Mal wieder ein Kein-BL-aber-ihr-solltet-den-lesen-Tipp von mir. Wobei, dass Requiem of the Rose King kein BL-Manga ist, kann man so eigentlich auch nicht einwandfrei behaupten, denn Aya Kannos Richard ist ein Hermaphrodit – ein Zwitter, wenn man will. Mit beiden Geschlechtsmerkmalen geboren und damit seit der Geburt im englischen Königshaus von seiner Mutter als Missgeburt gebrandmarkt, sucht Richard nach dem Tod seines Vaters als junger Mann, als der er lebt, nach seinem Platz im Kampf um die Vorherrschaft um die Krone – und in der Welt. Dabei verliebt Richard sich in Henry, den ehemaligen König, der im Rahmen der Rosenkriege vom Thron gestürzt wurde. Henry, der an den Machtkämpfen, der Gewalt und dem sinnlosen Blutvergießen zerbricht und sich in eine Welt fernab des Königshauses zu flüchten versucht, weiß nichts von der wahren Identität des Mannes, von dem er scheinbar magisch angezogen wird.

Die zarte und sich sehr langsam entwickelnde Liebesgeschichte verpackt die Autorin in düstere und unfassbar wundervolle Zeichnungen, die den Leser in eine nur sehr lose an Shakespears Dramen orientierte Welt entführen und diese neu interpretieren. Vor historischen Hintergründen entfaltet die Reihe ihre Geschichte um einen jungen Mann, der (bisher) nicht in der Lage ist, sich von den sozialen und geistigen Fesseln zu lösen, die ihm seine Zweigeschlechtlichkeit auferlegt. Insgesamt ein sehr packender und stimmungsvoller Fantasymanga, den ich euch wirklich ans Herz legen möchte, wenn ihr zuweilen auch einmal abseits der klassischen BL-Pfade unterwegs seid und ins Shōjo-Genre hineinschnuppern wollt.

„Sekaiichi Hatsukoi“ von Shungiku Nakamura / Band 11

Ob Ritsu Takano in Band 11 endlich seine Liebe gestehen kann? Die von Carlsen Manga lizensierte Reihe lässt uns weiter zittern.

Klappentext

Ritsu Onodera, seines Zeichens junger und dynamischer Lektor für Belletristik, nimmt eine Stelle beim Marukawa Verlag an, bei dem der berühmte Autor Usami Akihiko (bekannt aus JUNJO ROMANTICA) seine Bücher veröffentlicht. Doch er landet nicht wie gewünscht im anspruchsvollen Belletristik-Lektorat, sondern wird dem rein männlichen Redaktionsteam im Shoujo-Mangabereich zugeordnet. Eine Katastrophe für Ritsu Onodera, denn für Schmonzetten hat er gar keinen Sinn!

Mein Leseeindruck

Sekaiichi Hatsukoi ist mittlerweile sicherlich ein Klassiker des BL-Genres. Ich kann ihn jedem empfehlen, der gerne romantische Geschichten mit Figuren mit komplexen Persönlichkeiten liest und trotzdem nicht auf genügend (vollkommen gewaltfreie) erotische Szenen verzichten möchte. Ferner gewährt der Manga einen humorvollen und augenzwinkernden Einblick in die Verlagswelt und die Herstellung von Manga-Magazinen, die ihn aus eben diesem Grund jedoch für manchen Leser langatmig werden lassen dürfte, da die Arbeit in einem Verlagshaus mit all ihren Techniken und Fallstricken stark in den Vordergrund rückt.

Wer gerne Manga liest, bei denen er sich überwiegend auf die Zeichnungen fokussieren kann, der sollte ebenfalls zu einem anderen Werk greifen, denn die Mangaka legt viel Wert auf längere Dialoge, die auch einmal die Seiten der Bände dominieren können. Dafür bekommt der Leser schlüssige Biographien der Charaktere geboten und erfährt auch Details aus der Vergangenheit der Figuren, die insgesamt eine zentrale Rolle spielt, was die Protagonisten sehr zugänglich und realistisch erscheinen lässt – wenngleich Onoderas widerspenstige Persönlichkeit vielleicht ab und an die Nerven des Lesers strapaziert…

Letztendlich ist Shungiku Nakamuras Werk ein wundervoll stimmiger Manga, der mit vielen Aspekten punkten kann und sicherlich in keiner BL-Sammlung fehlen sollte. Besonders einprägsam demonstriert die Reihe, wie soziale Herkunft und spezifische Erfahrungen in der Jugend den Lebensweg und die charakterliche Entwicklung eines Menschen prägen können. Und was mir in den letzten Bänden sehr positiv aufgefallen ist: Der Zeichenstil der Mangaka wird zunehmend weicher und entfernt sich immer weiter vom noch sehr rudimentären Artwork der ersten Bände und dem Stil von Junjo Romantica.

TOKYOPOP

„Deine Küsse lügen!“ von Waka Sagami / Band 5

Waka Sagami und TOKYOPOP erfreuen uns im Dezember mit dem fünften Band der Reihe, die ebenfalls im Yakuza-Milieu angesiedelt ist.

Klappentext

Da Makio inzwischen praktisch bei Wachi wohnt, wird ihre Beziehung immer vertrauter. Eines Tages jedoch findet Wachi eine schwarze Zigarettenschachtel in seinem Briefkasten. Verwirrt stellt er Makio zur Rede, der plötzlich angespannt wirkt. Es ist ein schlechtes Omen: Kurz darauf muss Wachi um sein Leben fürchten, während Makio im wahrsten Sinne des Wortes seiner unliebsamen Vergangenheit gegenübersteht…

Mein Leseeindruck

Auch bei dieser Reihe sind wir wieder mitten drin in der Welt der Yakuza, wenngleich es sich in Deine Küsse lügen! ein wenig anders verhält als in Jealousy: Rogi will unbedingt in die Mafiakreise um Akitora hinein, während Makio vor allem eines möchte – wieder hinaus! Oder zumindest wünscht er sich, dass sein Freund Wachi nicht mit seiner Vergangenheit in Berührung kommt, was sich jedoch bereits im dritten Band der Reihe als gar nicht mehr so einfach erweist. Wobei ich gleich dazu sagen möchte, dass in dieser BL-Reihe nicht viel Kriminelles von Statten geht. Makio ist dafür viel zu sehr damit beschäftigt, seinen Liebhaber an der Nase herumzuführen und seine Gefühle für diesen zu verstecken, so gut es geht. Natürlich kommen wir Leser schnell dahinter, dass Makio in Wirklichkeit ziemlich verliebt in Wachi ist, aber seine Figur ist es, die mir an dieser Reihe am meisten Freude bereitet hat – Makio ist ein Schelm, ein Schlitzohr, ein gewiefter Verführer, der gerne und gekonnt Männer um den Finger wickelt, um sie finanziell auszunehmen – inklusive Wachi! Dass er hin und wieder eine durchaus verletzliche und feminine Seite an sich offenbart, macht ihn als Figur nur umso interessanter.

In Hinblick auf die Handlung gibt die Reihe nicht viel her, aber die Machtspiele zwischen den beiden Hauptfiguren, die gerne auch einmal zwischen den Bettlaken ausgetragen werden, sind ein sehr erotischer Leckerbissen, hinter dem zumindest ich hinterherhechele wie ein hungriger Labrador. Wachi und Makio wirken fast wie ein Pärchen wieder Willen, aber es ist gerade der explosive Gegensatz ihrer beiden Persönlichkeiten, der die Beziehung zwischen den Figuren so intensiv und spannungsgeladen wirken lässt. Auf der einen Seite steht Wachi, ein attraktiver und gefühlskalter Karrieremann, der bisher stets bekam, was immer er haben wollte – Frauen eingeschlossen. Auf der anderen Seite finden wir Makio, den verführerischen Freizeitgauner mit Verbindungen in die höchsten Kreise der Yakuza, der in den Tag hineinlebt und sich einen Spaß daraus macht, reiche Geschäftsleute auszunehmen. Als diese beiden Männer aufeinander treffen, muss sich der besitzergreifende Kontrollfreak Wachi, ein wahrhafter Bilderbuch-Seme, einiges einfallen lassen, um den freiheitsliebenden Makio an sich zu binden. Letztendlich gelingt ihm dies… den Umständen entsprechend eher mittelmäßig gut. Und so bleibt abzuwarten, was unser gewitzter japanischer Mephisto sich noch alles einfallen lassen wird, um Wachi das Leben schwer zu machen. Ob seine Küsse wirklich Lügen? Nun, vielleicht wird es der fünfte Band zeigen.

Die Zeichnungen und Hintergründe sind simpel, aber weich, mit ausdrucksstarker Mimik der Figuren, sodass man sich beim Lesen gut auf das Wesentliche konzentrieren kann. Ich mag nicht alle Werke von Waka Sagami, aber diese Reihe gehört wegen ihrem zauberhaften und schlitzohrigen Uke und dem seiner großen Liebe gegenüber so unbeholfenen und machtlosen Seme zu meinen Lieblings-BL-Manga. Es lohnt, sich zu Reihe zuzulegen, wenn man nicht immer eine ausgefeilte Handlung benötigt, sondern auch einfach Spaß an der Interaktion zwischen Figuren finden und sich von vielen erotischen Szenen begeistern lassen kann. Und sich nicht daran stört, dass in bester BL-Manier hier mal wieder ein heterosexueller Mann mit einem Schlag von links auf rechts gekrempelt wird.

„Blue Lust“ von Hinako / Band 2

Mit dem zweiten Band steuert TOKYOPOP schon beinahe wieder auf das Ende dieser Reihe zu – mit Band drei erfolgt 2020 der Abschluss.

Klappentext

Hayatos Vergangenheit und Gegenwart kollidieren, als plötzlich sein alter Schulfreund Noburo vor ihm steht. Er ist gezwungen, sich seinen schmerzlichen Erinnerungen zu stellen, und aufgrund seiner Schuldgefühle verunsichert, wie er jetzt mit Soma umgehen soll. Doch dann lädt Soma die beiden überraschend ein, bei ihm zu übernachten… 

Mein Leseeindruck

Die sehr sensible und sehr ruhige, dabei aber trotzdem hoch emotionale Art und Weise, auf die in Blue Lust Hayatos und Soumas Geschichte erzählt wird, hat mir sehr gefallen, als ich den Manga das erste Mal gelesen habe. Mobbing ist auch an japanischen Schulen sehr viel weiter verbreitet, als man denken mag, und so schildert die Reihe sehr einfühlsam aus Hayatos Sicht, was mit dem eigenen Leben geschieht, wenn man erst nach einem tragischen Fehler erkennt, dass man Gesagtes nicht ungeschehen machen und welchen Schaden man mit seinem Verhalten einem anderen Menschen zufügen kann. Neben der schweren Bürde, die seine Homosexualität für Souma bedeutet, geht der Manga behutsam auf Themen wie Toleranz, Empathie, Freundschaft und Reue ein und zeigt aus einer sehr menschlichen Perspektive heraus auf, wie zwei Jungen, die beide auf ihre ganz eigene Art seelisch zerbrochen sind, langsam an ihrer Zuneigung und Liebe zueinander heilen und vor allem charakterlich wachsen.

Auch Blue Lust ist nicht frei von einigen BL-Klischees, aber wer sich gerne an einer ernsten Geschichte versuchen möchte, deren feines Artwork durch keinerlei überflüssigen Schnickschnack vom ebenso schnörkellosen Erzählstil ablenkt, dessen Herz dürfte die Reihe von Hinako schnell erobern. Blue Lust ist zwar definitiv ein Manga, der sich eher an ein jugendliches Zielpublikum richtet, aber auch uns erwachsene Leser dürfte er zum Nachdenken darüber anregen, dass unbedachte Worte manchmal schlimmer schmerzen und schwerer wiegen können als Taten und dass eine freundliche Geste zur richtigen Zeit das Leben eines anderen Menschen zum Positiven wenden kann.

altraverse

„Killing Stalking“ von Koogi / Season 2, Band 1

Der atemraubende Psychothriller geht bei altraverse im Dezember in die zweite Runde. Auf der Website des Verlags findet ihr eine Leseprobe zum ersten Band.

Klappentext

Sangwoo hat Bum Yoon dazu gebracht, ein Mädchen zu töten. Während Bum Yoon zunächst nichts als Leere empfindet, glaubt Sangwoo den Willen des gebrechlichen Jungen endgültig gebrochen zu haben. Kurz darauf startet er mit ihm zu einem Ausflug in die Berge. Welches dunkle Ziel mag er diesmal verfolgen?

Mein Leseeindruck

Der Manhwa (das koreanische Begriffspendant zu Manga), der urspünglich ein Webcomic war, ist bei seiner Veröffentlichung im Netz eingeschlagen wie eine Bombe. Deswegen kann ich hierzu eigentlich nur sagen: Killing Stalking kann man nicht beschreiben, den Manhwa muss man selbst lesen. altraverse hat sich mit dem Werk nicht nur eine sehr unkonventionelle BL-Reihe ins Haus geholt, sondern gleichzeitig als erster Mangaverlag den Schritt auf den koreanischen Markt und in die dortigen Künstlerkreise gewagt. Koogis extrem blutige und brutale Psychology-Reihe empfehle ich den Lesern unter euch, die Gefallen an Werken wie In these words finden, wobei Killing Stalking noch einen Schritt weiter geht und auf eine (romantische) Liebesgeschichte verzichtet (allerdings ist diese Aussage abhängig davon, wie man die Beziehung zwischen Bum und Sangwoo subjektiv kategorisieren möchte).

Ein blutiges Kammerspiel für die nervenstarken Leser unter euch, das durch die durchgängigen (!) Farbbilder noch einmal intensiver wirkt. Und falls ihr euch über die Bezeichnung „Season 2“ wundert – in Japan ist es nicht gebräuchlich, bei koreanischen Webcomics aber üblich, diese in Seasons / Staffeln einzuteilen, da viele Web-Comiczeichner ihre Storys, wenn sie länger sind, wie Serien in Intervallen veröffentlichen.

Kazé Manga

„Prinz sucht Bräutigam“ von Fumico Hiwa / One Shot

Zu dem One Shot findet ihr bei Kazé Manga hier eine Leseprobe.

Klappentext

„Hab ich dich gefunden… mein Bräutigam!“ Mit diesen Worten wird Yuki, Student und Sohn hoch verschuldeter Eltern, von einem edlen Prinzen überrascht – und geküsst! Der Prinz hört auf den fremdländischen Namen Julian, und angeblich haben er und Yuki sich schon vor Jahren ein Heiratsversprechen gegeben. Allerdings kann sich Yuki daran überhaupt nicht erinnern. Doch ein Prinz hat eben Geld. Und nichts braucht Yuki dringender als das…

Mein Leseeindruck

Ein Manga im Stil von Ryo Takagi – eine zuckrige und recht niedliche Geschichte, zwei simpel gestrickte Hauptfiguren sowie ein wenig Romantik und wohl dosierte Erotik. Das Ende ist vorhersehbar und der Weg dorthin lang, steinig und umständlich, aber trotz vieler Klischees und dem üblichen BL-Einerlei kann der Band zumindest mit seinem recht angenehmen Artwork überzeugen, wenngleich die Figuren für meinen Geschmack etwas zu gekünstelt wirken. Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass mir an dieser Stelle die Inspiration fehlt. Ich bin beim Lesen kurz und schmerzlos durch den Band geflogen, ohne, dass mir inhaltlich irgendein markanter Aspekt im Gedächtnis hängen geblieben wäre. Mehr als seichte Unterhaltung bietet Prinz sucht Bräutigam leider nicht.

„Unverschämt verliebt“ von Akira Nakata / Band 2

Den Band könnt ihr direkt bei Kazé Manga im Webshop bestellen. Zum ersten Band findet ihr dort auch eine Leseprobe.

Klappentext

Ryos Kollege Megumu hatte bisher nur bedeutungslose Affären mit Frauen. So bedeutungslos, dass er seinen Kummer und seine Einsamkeit regelmäßig in Alkohol ertränkt. Doch dann landet er aus purer Neugierde mit Atsushi, dem Besitzer seiner Lieblingsbar, im Bett…

Meine Einschätzung

Ganz offen gesprochen, diese Reihe betrachte ich mit Skepsis. Ich kenne die Mangaka nicht, daher solltet ihr mein Urteil mit Vorsicht genießen, zumal der Klappentext von Kazé zum ersten Band nach einer eigentlich ganz niedlichen Storyidee klingt, aber ein Blick auf Amazon und in die dortige Inhaltsangabe legt die Vermutung nahe, dass es sich bei Unverschämt verliebt um einen Sammeldband handelt, der mehrere Geschichten enthält, die auch nicht so fluffig zu werden scheinen, wie der Verlag auf seiner Website für den ersten Band suggeriert. Und die Inhaltsangabe zum zweiten Band klingt in meinen BL-sensibilisierten Ohren nach ganz viel Genreklischees.

Natürlich kann ein toller Zeichenstil viel ‚kitten‘ und es gibt sicherlich Leser unter euch, die zum Zeitvertreib gerne einmal zu einer erotischen und kurzweiligen Lektüre greifen, die der Band sicherlich bieten wird, aber ich mache um solche BL-Manga in der Regel einen Bogen. Dies tue ich ganz einfach aus dem Grund, weil ein schönes Artwork mich ab einem gewissen Punkt eben nicht mehr über einen Mangel an Handlung hinwegtrösten kann und ich es für unmöglich halte, in einer Kurzgeschichte (bzw. mehreren davon) von ca. 50 Seiten eine stimmige BL-Story zu erzählen, wenn das noch nicht einmal mancher One Shot schafft. In der Hinsicht wurde ich leider schon viel zu oft enttäuscht. Sollte sich jedoch herausstellen, dass es sich bei der Reihe nicht um eine Sammlung mehrerer Geschichten handelt, gebe ich dem ersten Band gerne eine Chance. Vielleicht hat ja jemand von euch bereits einen Blick / Kauf riskiert?


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